- Metallzeit: Metalle verändern die Welt
- Metallzeit: Metalle verändern die WeltDie weitaus längste Zeit seiner Geschichte ist der Mensch ohne Metalle ausgekommen, hat er seine lebensnotwendigen Gerätschaften aus organischen (z. B. Holz, Knochen) und mineralischen Rohstoffen (z. B. Quarzit oder Silex) angefertigt. Seit Beginn der mittleren Altsteinzeit kannte er jedoch das im Pigmentfarbstoff Rötel enthaltene Mineral Hämatit, ein oxidisches Eisenerz. Die ältesten entsprechenden Funde stammen vom altsteinzeitlichen Höhlenfundplatz Terra Amata bei Nizza und werden auf etwa 300000 Jahre datiert. Die Möglichkeit, aus Hämatit Metall zu gewinnen, wurde allerdings erst vor 3500 bis 3000 Jahren erkannt. Sämtliche Metallerze blieben die längste Zeit der Menschheitsgeschichte ungenutzt, auch wenn mancherorts die Lagerstätten, selbst solche mit gediegenen Metallvorkommen, sogar oberflächlich erkennbar gewesen waren. Auch das ausschließlich in gediegener Form vorkommende Gold, das sich teilweise aus Flüssen gewinnen und einfach verarbeiten lässt, taucht erst ab der späten Jungsteinzeit auf.Das bisher älteste von Menschenhand geformte Objekt aus Kupfererz, ein 2,5 cm langer Schmuckanhänger aus Malachit, stammt aus einer Höhle bei Shanidar in Nordirak und datiert in das 9. Jahrtausend v. Chr. Der Anhänger ist leider verloren gegangen, sodass nicht mehr zu überprüfen ist, ob er aus Malachit oder aber aus Kupfer, das im Laufe der Jahrtausende durchoxidiert ist, hergestellt wurde. Wie Funde im nordbulgarischen Lepenski Vir aus der Zeit um 6500 v. Chr. belegen, ist Malachit auch dort zur Herstellung von kleinen Schmuckanhängern genutzt worden. In Çayönü Tepesi, einem Siedlungsplatz im östlichen Anatolien aus der Zeit um 7000 v. Chr., wurden über 100 kleinere, aus gediegenem Kupfer sowie aus Malachit gefertigte Metallartefakte gefunden. Ebenfalls etwa 9000 Jahre alt sind kalt gehämmerte Kupferperlen aus Ali Kosch in Westiran. Die ältesten, die Verhüttung von Kupfer dokumentierenden Kupferschlacken stammen aus Çatal Hüyük im südlichen Anatolien; sie wurden in dortigen Siedlungsschichten des 6. Jahrtausends v. Chr. entdeckt. Aus der gleichen Zeit stammen einige Kupferartefakte aus Yarim Tepe im nordwestlichen Mesopotamien. Sie enthalten bis 10 % Eisen und wurden daher wohl aus erschmolzenem Kupfer hergestellt. Der frühe Umgang des Menschen mit dem Werkstoff Eisen ist durch ein längliches Eisenobjekt aus Samarra im Zweistromland (um 4800 v. Chr.) und drei kleine Eisenkugeln aus der Siedlung Tepe Sialk in Zentraliran (4600—4100 v. Chr.) belegt. Ob jedoch dieses Eisen aus terrestrischem Erz erschmolzen wurde oder ob als Rohstoffquelle gediegenes Eisen enthaltende Meteoriten dienten, ist in der Forschung noch nicht entschieden.Als sicher kann somit gelten, dass der Mensch bereits mit dem Beginn seiner Sesshaftwerdung damit begonnen hat, metallische Rohstoffe für sich zu nutzen. Dies geschah anfänglich sehr sporadisch, mit nur sehr geringen metallurgischen Kenntnissen und nur zur Herstellung von kleinen persönlichen Schmuckstücken oder von Kultobjekten. Die Auswirkung des Metallgebrauchs blieb insgesamt unerheblich. Wir haben es in der »metallurgischen Frühzeit« mit Initial- und Experimentierphasen zu tun, die im Vorderen Orient im ausgehenden 9. Jahrtausend v. Chr., in Südosteuropa im 7. Jahrtausend v. Chr. und in Mitteleuropa schließlich gegen Ende des 5. Jahrtausends v. Chr. einsetzen.Früheste Belege für das Auftreten der verschiedenen Metallarten in EuropaDie bisher ältesten Kupferfunde nördlich der Alpen (ein kleiner Meißel und ein Ring) stammen aus Schernau in Unterfranken und datieren an das Ende des 5. Jahrtausends v. Chr.; etwas jünger — aber immer noch jungsteinzeitlich — ist die Kupferscheibe von Hornstaad am Bodensee. Analysen des Metalls aus dieser Scheibe belegen mit einiger Sicherheit, dass das Kupfer oder aber das fertige Schmuckstück aus Osteuropa eingehandelt worden war. Während ab dem 5. Jahrtausend v. Chr. — wie wir später noch sehen werden — für den Vorderen Orient eine bereits entwickelte Metallurgie belegbar ist (untertägiger Bergbau, mechanische und thermische Aufbereitung der Erze, Verhüttung bis zum Rohkupfer und schließlich Guss von Kupferobjekten), können für diesen Zeitraum in Europa, abgesehen vom Fundort Warna in Bulgarien, keine aus legierten Metallen hergestellten Gegenstände nachgewiesen werden. Die Metall nutzenden Kulturgruppen der europäischen Jungsteinzeit werden daher auch als »chalkolithisch« (kupfersteinzeitlich) bezeichnet. Zugleich die Vorteile nutzend, die der neue Werkstoff Kupfer den neolithischen Europäern bot, pflegten sie weiterhin die Tradition der Steinbearbeitung. Bis auf weiteres blieben Dolche, Beile und Äxte, Pfrieme, Perlen, Nadeln, kleine Schmuckscheiben, durchlochte Anhänger und Spiralen deren einzige Metallerzeugnisse. Das Wirtschafts- und Sozialgefüge dieser noch in der Steinzeit verharrenden Gruppen blieb von der Verwendung des Kupfers im Wesentlichen unberührt. — Ein erst über 5000 Jahre nach seinem Tod bekannt und berühmt gewordener Vertreter der europäischen Kupfersteinzeit ist die allgemein als »Ötzi« bekannt gewordene Gletscherleiche, die 1991 im Bereich der Similaungruppe in den Ötztaler Alpen von Touristen entdeckt wurde. Den Radiokarbondatierungen folgend ist der Mensch um 3300 v. Chr. bei der Überquerung der Alpen umgekommen. Aufgrund besonderer klimatischer Bedingungen trocknete sein Leichnam zunächst aus und geriet später zusammen mit seiner Ausrüstung unter das Gletschereis; bei sich hatte der Tote neben anderen Gegenständen eine geschäftete Beilklinge, die aus Kupfer gefertigt worden war.Nachdem in der Mitte des 3. Jahrtausends v. Chr. in Mesopotamien und Anatolien die Vorteile, die eine Legierung des Kupfers mit Zinn zu Bronze erbringt, erkannt worden waren, verbreitete sich diese Kenntnis etwa um 2000 v. Chr. auch in Europa. Zu dieser Zeit setzten die gezielte Produktion von Legierungen, die bewusste Ausnutzung der günstigen Materialeigenschaften von legierten Rohstoffen beim Guss und die industrielle Massenproduktion von Metallobjekten für einen überregionalen Absatzmarkt ein. Zwar gab es bereits vorher vereinzelt Legierungen, z. B. die Antimon- und Arsenbronzen, doch ist nicht mit letzter Sicherheit zu klären, ob diese Mischungen vom Menschen mit Absicht herbeigeführt oder durch zufällige Erzmischungen entstanden sind. Ab 2000 v. Chr. wurde also auch in Europa Bronze zu unterschiedlichsten Gegenständen gegossen, die zu vielfältigen Tätigkeiten genutzt wurden. Obwohl die Tradition der Herstellung und Nutzung von Steingeräten auch in den folgenden Jahrhunderten nicht abbrach, begannen nun Bronzegegenstände zunehmend das tägliche Leben der Kulturgruppen in Europa zu beherrschen — und dies sogar über den Tod der Menschen hinaus, wie die zahllosen aus Bronze gefertigten Grabbeigaben belegen. Europa trat damit unwiderruflich in das Stadium der Metallzeiten ein.Dreihundert bis vierhundert Jahre nach der Bronze tauchte das Eisen auf. Ältester Beleg hierfür ist ein im nordslowakischen Ort Gánovce gefundener Dolchgriff. Aufgrund von Radiokarbonmessungen ist er sicher in die Zeit zwischen 1743 und 1676 v. Chr. zu datieren. Ob es sich hierbei um ein importiertes Stück oder aber bereits um das Ergebnis einer lokalen Eisenproduktion handelt, kann derzeit noch nicht entschieden werden. Ein weiterer sehr früher Eisenfund stammt aus Bargeroosterveld (Provinz Drenthe, Niederlande), wo während der Ausgrabung eines in die Zeit um 1350 v. Chr. anzusetzenden urgeschichtlichen Bohlenweges ein Eisenmeißel gefunden wurde. Im nordalpinen Raum in seiner Art einzigartig ist ein aus der nordeuropäischen Frühbronzezeit stammender schmaler Fingerring aus Eisen, der in einem Grabhügel beim niedersächischen Vorwohlde gefunden wurde: Er zeigt stilistische Ähnlichkeiten mit einem etwa zeitgleichen Eisenring aus der minoischen Siedlung Archanes auf Kreta. Insgesamt sind gegenwärtig aus Mittel- und Nordeuropa über 160 Nachweise vorhanden, die den Umgang mit Eisen bereits während der Bronzezeit belegen. Doch kann erst ab etwa 800 v. Chr. in diesem Raum von einer beginnenden Eisenzeit gesprochen werden.Ursprünge im OrientWie wir bereits oben gesehen haben, liegen die Anfänge der Nutzung von Gebrauchsmetallen, sei es Kupfer, Bronze oder Eisen, eindeutig im ostmediterranen Raum und im Vorderen Orient; für die Herausbildung der europäischen Metallzeiten besitzt dieses Gebiet dementsprechend größte Bedeutung. Durch Kulturkontakte im weitesten Sinne — dies können Handelsverbindungen ebenso wie kriegerische Auseinandersetzungen gewesen sein — sind die ersten Metallobjekte und dann vielleicht später auch das technische Know-how der Metallherstellung von dort nach Mittel- und Nordeuropa gelangt. Allerdings ist nicht auszuschließen, dass es auch eigenständige Entwicklungen außerhalb der eigentlichen Ursprungsgebiete gegeben hat. Solche Konvergenzerscheinungen sind dann möglich, wenn in zwei oder mehreren Regionen einige wesentliche Parameter ähnlich oder sogar identisch sind, das heißt, wenn in mehreren Regionen unabhängig voneinander Metall führende Erzlagerstätten zugänglich waren, wenn weiterhin ein dringender Bedarf für Metalle vorhanden war und wenn schließlich eine innovative und experimentierfreudige Gruppe von Menschen anfing, das Erz zu bearbeiten.Dreiperiodensystem und RadiokarbonmethodeAnfang des 19. Jahrhunderts war in Kopenhagen Christian J. Thomsen zum Leiter einer Sammlung von Altertümern bestellt worden. Er entwickelte in den folgenden Jahren ein System von »verschiedenen Perioden, in welche die heidnischen Alterthümer gesetzt werden können«. Diese Perioden, gemeint sind die »Steinzeit«, die »Bronzezeit« und die »Eisenzeit«, verstand Thomsen »als zeitliche Abfolge«, wonach die Steinzeit unzweifelhaft als die älteste Periode gelten könne und die Eisenzeit als die jüngste, die »bis zur Einführung des Christentums hinuntergeht«. Zwischen die Stein- und die Eisenzeit setzte er die Bronzezeit, »in welcher die Waffen und schneidenden Gerätschaften von Kupfer oder Bronze waren.. .. Nicht allein im Norden, sondern auch in den südlichen Ländern wird man finden, dass das Metall, welches zuerst erwähnt wird und gebraucht wurde, Kupfer oder Bronze ist. ..«. Dieses Dreiperiodensystem beinhaltet eine relativchronologische Periodisierung der Menschheitsgeschichte und kennzeichnet den Beginn der archäologischen Forschung als Wissenschaft.Dass aus dieser Abfolge allerdings eine allgemeine und weltweit gültige Gesetzmäßigkeit nicht abzuleiten ist, ergibt sich beispielsweise schon daraus, dass die Ureinwohner Nordamerikas bis zu den Kontakten mit den europäischen Eroberern im 16. Jahrhundert keine Kupfer- oder Bronzetechnologie entwickelt hatten. Die Eroberung bewirkte hier einen Sprung von der Steinzeit direkt in die frühe Neuzeit mit den allseits bekannten Folgen für die Ureinwohner. Auch auf dem afrikanischen Kontinent südlich des mediterranen Küstenraumes fehlt eine Bronzezeit. Nach derzeitigem Kenntnisstand war hier Eisen — nicht Kupfer oder Bronze — das erste und hauptsächliche Gebrauchsmetall, das den Werkstoff Stein zumindest zum Teil ersetzt hat. Für die Alte Welt, d. h. für Nordafrika und für fast den gesamten eurasischen Kontinent, besitzt das Dreiperiodensystem als einfaches Gliederungsschema aber weiterhin Gültigkeit.Die urgeschichtlichen Metallzeiten in Europa sind in der Folge Thomsens mittels geisteswissenschaftlich-archäologischer Methoden, z. B. der Typologie, sowie aufgrund stratigraphischer Beobachtungen weiter untergliedert worden. Auf diese Weise entstand ein relativchronologisches Gerüst, das die zeitliche Abfolge der Epochen, Phasen und Kulturgruppen zueinander regelt; die absolutchronologische Einordnung dieses Zeitgerüstes gelang durch Stilvergleiche und vor allem durch die Importdatierung (»cross-dating«). Ausgehend von den historischen Daten zur Dynastienabfolge in Ägypten und unter Zuhilfenahme von im- und exportierten Gefäßen schien es möglich, absolutchronologische Zeitansätze für die Bronzezeit auf Kreta und Zypern sowie auf dem griechischen Festland zu erlangen. Stilvergleiche ermöglichten schließlich eine zeitliche Parallelisierung der mittel- und nordeuropäischen Frühbronzezeit mit den Schachtgräbern in Mykene. Bis in die 70er-Jahre des 20. Jahrhunderts war es daher einhellige Forschungsmeinung, die Frühbronzezeit mit Funden aus legierten Zinnbronzen müsse in Mittel- und Nordeuropa zwischen 1600 und 1500 v. Chr. begonnen haben.Aufgrund der Entdeckungen des Amerikaners Willard F. Libby (1908—80), der ein Verfahren zur Altersbestimmung organischer Substanzen aus ihrem Gehalt an radioaktivem Kohlenstoff entwickelte (Radiokarbon- oder C-14-Methode; sie beruht auf der Halbwertzeit des C-14-Isotops von 5730 Jahren), war es in den 60er-Jahren vermeintlich möglich geworden, archäologische Funde aus Holz oder Knochen und auch solche, die Holzkohle enthalten, auf einige Jahrzehnte genau zu datieren. Im Laufe der Zeit zeigte sich aber, dass die Methode keineswegs unproblematisch ist, denn viele Radiokarbondaten erwiesen sich als nicht übereinstimmend mit den archäologischen und dendrochronologischen Datierungen. Die physikalische Problematik der Methode an sich und diejenige des anfänglich leichtfertigen Umgangs mit den ersten Radiokarbondatierungen seien hier ausgeklammert; wichtiger ist die Erkenntnis, dass jedes Radiokarbondatum erst dann eine datierende Relevanz bekommt, wenn es mit den Ergebnissen der Dendrochronologie (Baumringchronologie) verglichen und entsprechend berichtigt worden ist. Auf diese Weise entstehen »kalibrierte« Radiokarbondaten (Abkürzung: »BC cal.«; für Daten nach Christi Geburt »AD«), die allein einen Anhaltspunkt für das tatsächliche Alter der archäologischen Funde und Befunde liefern. Immerhin kann die Fehlerspanne zwischen den Rohdaten und den kalibrierten Daten mehrere hundert, in einigen urgeschichtlichen Zeiträumen auch mehrere tausend Jahre betragen. Aufgrund zahlreicher kalibrierter Daten sowie mittlerweile auch aufgrund vieler dendrochronologischer Datierungen urgeschichtlicher Hölzer steht heute fest, dass im nordalpinen Raum die ersten Zinnbronzen am Ende des 3. Jahrtausends v. Chr., also kurz vor 2000 v. Chr., hergestellt wurden und in Gebrauch waren. Nördlich der zentraleuropäischen Mittelgebirge beginnt die Bronzezeit 200 Jahre später, also etwa um 1800 v. Chr. Bereits in der Bronzezeit wurde in kleinem Umfang auch Eisen genutzt und — wie der bereits oben erwähnte Fund im niederländischen Bargeroosterveld und Eisenschlackenfunde in Schweden zeigen — auch hergestellt. Doch erst ab 800 v. Chr. kommt dem Eisen in Mittel- und Nordeuropa als Material für Werkzeug und Waffen eine derart wichtige Rolle in Wirtschaft und Politik zu, dass im archäologischen Sinne von einer beginnenden Eisenzeit gesprochen werden kann.Periodisierung der Bronzezeit in Mittel- und NordeuropaAufgrund großer geographischer und geologischer Unterschiede sowie einer hieraus folgenden naturräumlichen Differenzierung stellt der mittel- und nordeuropäische Raum während der vorrömischen Metallzeiten keine kulturelle Einheit dar. Es ist daher eine Vielzahl von archäologischen Gruppen und Kulturen in diesem Raum erkannt und beschrieben worden, die hier nicht in aller Vollständigkeit vorgestellt werden können.Für die Bronzezeit erscheint wichtig, dass zwei Chronologiesysteme weiterhin in Gebrauch sind, die bereits Anfang des 20. Jahrhunderts aufgestellt wurden und sich als tragfähig erwiesen haben. Für das Gebiet vom Alpenraum bis zum nördlichen Rand der Mittelgebirge folgt man dem Grundgerüst von Paul Reinecke (1872—1958), einem deutschen Archäologen, der die Bronzezeit in die Stufen A bis D (Bz A —D) untergliederte und die ersten beiden Phasen der Hallstattzeit (Ha A und B) noch als endbronzezeitlich definierte. Für Nordeuropa unterschied der schwedische Vorgeschichtsforscher Oscar Montelius (1843—1921) sechs Perioden der Bronzezeit (Per. I —VI). Davon abgesehen ist es jedoch möglich, überregional eine Frühbronzezeit (etwa 2200 bis 1500 v. Chr.), eine mittlere Bronzezeit (etwa 1500 bis 1200 v. Chr.) und eine jüngere Bronzezeit (etwa 1200 bis 800 v. Chr.), die auch als Urnenfelderzeit bezeichnet wird, zu unterscheiden.Wichtige Unterscheidungskriterien liefern die Totenbestattungen. In der Frühbronzezeit war es üblich, die Verstorbenen unverbrannt und in Hockerlage, das heißt auf der Seite mit verschränkten Armen und mit angezogenen Beinen liegend, zu bestatten. Nur vereinzelt wurden diese Gräber überhügelt. Erst in der mittleren Bronzezeit schüttete man große Hügel über den ebenerdig in Särgen und unverbrannt aufgebahrten Toten auf (Hügelgräberkultur). Die jüngere Bronzezeit ist schließlich durch große Friedhöfe gekennzeichnet, auf denen die Verstorbenen verbrannt und in Urnen beigesetzt wurden (Urnenfelderkultur). Aufgrund der unterschiedlichen Beigabentypen in allen diesen Gräbern können für alle Bronzezeitphasen mehrere kulturelle Regionalgruppen unterschieden werden. Abhängig von regional differierenden Jenseitsvorstellungen sowie unterschiedlichem wirtschaftlichem Potenzial und Sozialstatus wurden die Toten in ihren Gräbern mehr oder weniger reichhaltig mit Waffen, Schmuck, Werkzeug, Lebensmitteln, Tongeschirrsätzen und anderem mehr ausgestattet.Die Frühbronzezeit: Ein Beispiel — die Aunjetitzer KulturNach derzeitigem Kenntnisstand scheinen Zinnbronzen nördlich der Alpen erstmals in den Metallwerkstätten der während der Frühbronzezeit im östlichen Mitteleuropa weit verbreiteten Aunjetitzer Kultur (benannt nach dem Fundplatz Únetice in Böhmen) hergestellt worden zu sein. Von hier aus sind diese Bronzen nach Süddeutschland und Nordeuropa verhandelt worden. Die Metallhandwerker der Aunjetitzer Kultur konnten Bronzen in großen Mengen herstellen und beherrschten bereits komplizierte Guss- und Verzierungstechniken. Die Prunkwaffen und Schmuckgegenstände in Horten und Gräbern dieser Zeit legen hierfür beredtes Zeugnis ab. Die neben dem Metallhandel auch auf der Gewinnung und Vermarktung von Salz beruhende wirtschaftliche Kraft sowie die offensichtlich streng hierarchisch gegliederte Gesellschaftsform dieser Kultur zeigt sich vor allem in den Fürstengräbern. Zu diesen gehört beispielsweise der Leubinger Grabhügel nahe Erfurt, der aufgrund dendrochronologischer Daten sicher in der Zeit um 1940 v. Chr. angelegt worden ist und als Grablege eines Stammeshäuptlings oder eines Priesters interpretiert wird. Als Ausstattung für das Leben im Jenseits waren dem auf dem Rücken liegenden Toten zahlreiche Gegenstände mitgegeben worden, quer über seinen Hüften lag das Skelett eines etwa 10-jährigen Kindes. Interessanterweise sind im Erzgebirge, das im Verbreitungsgebiet der Aunjetitzer Kultur liegt, sowohl hochwertige Kupfererze als auch die in Europa sehr seltenen Zinnerze in dichter Nachbarschaft zueinander zu finden. Obwohl archäologische Nachweise für einen frühbronzezeitlichen Bergbau im Erzgebirge noch fehlen, wird ein Zusammenhang zwischen dieser Lagerstättensituation und dem herausragenden Wirtschaftspotenzial der Aunjetitzer Kultur schon seit langem diskutiert. Andere frühbronzezeitliche Kulturgruppen nördlich der Alpen (Singener Gruppe, Adlerberggruppe, Straubinger Gruppe) hatten keine oder nur geringe Erzressourcen und gehörten wohl zu den Abnehmern von Metall aus dem Aunjetitzer Kulturkreis. Was allerdings als Gegenwert verhandelt wurde, ist noch völlig unklar. Die Lagerstättensituation änderte sich natürlich auch in den folgenden Jahrhunderten nicht, wohl aber die Lage der Reichtumszentren.Die mittlere BronzezeitZu Beginn der mittleren Bronzezeit, ab etwa 1500 v. Chr., war die Bronzemetallurgie in Europa nach dem Zeugnis der vielen Metallbeigaben in den Gräbern flächig verbreitet. Entsprechend wird auch ein durchorganisiertes Handelssystem von den Lagerstätten und den Schmelzplätzen zu den Endabnehmern angenommen. Man denkt u. a. an Wanderhandwerker, die die Rohmetalle oder Halbfertigprodukte zu denjenigen Siedlungen und Einzelhöfen brachten, die weitab von den Lagerstätten lagen, und an Ort und Stelle nach den Wünschen der Kunden die Endprodukte herstellten. Diese »Theorie der Wanderhandwerker« kann helfen, die Vielzahl der mittelbronzezeitlichen Regionalgruppen in Mitteleuropa — zusammenfassend als Hügelgräberkultur bezeichnet — zu erklären.In den Raum der Norddeutschen Tiefebene und bis hinauf nach Mittelschweden gelangten Bronzeobjekte in solchen Mengen und von solch herausragender Qualität, dass man sie heute zu den schönsten Produkten der Bronzezeit in ganz Europa rechnet. Zu den vielen Tausenden von Bronze- und Goldobjekten, die in Feuchtgebieten, Mooren, Flüssen und Seen Nordeuropas versenkt wurden, gehört auch der 60 cm lange Sonnenwagen von Trundholm, der 1902 in einem Moor auf der dänischen Insel Seeland gefunden wurde und in die Periode II der Nordischen Bronzezeit datiert (1500—1300 v. Chr.). Zu dieser Zeit bestattete man in Nordeuropa die Toten in Baumsärgen, über die mächtige Stein- und Erdhügel aufgeschüttet wurden. Zum männlichen Beigabenrepertoire aus Bronze — oft mit Goldverzierung — gehörten Schwert, Dolch, Beil, Lanzenspitze, Fibeln (urgeschichtliche Sicherheitsnadeln). Den Frauen war vielfältiger Bronzeschmuck, ebenfalls oft mit Goldauflagen, ins Jenseits mitgegeben. Aufgrund einer besonderen Bodenbildung sind in Norddeutschland und in Dänemark in vereinzelten Fällen auch die organischen Grabbeigaben komplett erhalten geblieben. So weiß man beispielsweise, dass die Baumsärge sorgfältig mit Rinderfellen ausgelegt waren, dass die Verstorbenen mit ihren gewebten Kleidungsstücken beigesetzt wurden, dass zusätzlich zum Metall auch zahlreiche Beigaben aus Holz oder Horn mitgegeben wurden. Einen Blumenstrauß als letzten Gruß in den Sarg zu legen war damals wie heute üblich. Reparaturstellen an Hosen, Röcken, Umhängen und Mänteln zeigen, dass es sich nicht um eine Totentracht, sondern um alltägliche Kleidungsstücke handelt. Auch an den Bronzeobjekten deuten Abriebspuren auf jahrzehntelanges Tragen. An den Schwertern fehlen aber interessanterweise Kampfspuren (z. B. Scharten), sodass anzunehmen ist, dass es sich hier eher um Statussymbole als um Kampfwaffen gehandelt hat. Zu diesen Statussymbolen gehören sicherlich auch die zahlreichen Beigaben aus Gold. Insgesamt scheinen die Grabhügel der mittleren Bronzezeit im Norden und auch diejenigen in Mitteleuropa die Begräbnisplätze einer sozialen Oberschicht zu repräsentieren. Wer diesen Reichtum erwirtschaftete und auf welche Weise — immerhin mussten fast alle Metalle eingehandelt werden —, ist weitgehend unklar. Die wenigen Siedlungen aus dieser Zeit lassen hierzu keine Schlussfolgerungen zu, die über Hinweise auf Landwirtschaft und Viehzucht hinausgehen. Möglicherweise waren aber die Rinderzucht und der Export von Bernstein und Vieh von Nord nach Süd wichtiger, als man heute nachweisen kann.Die jüngere BronzezeitIm Verlaufe des 13./12. Jahrhunderts v. Chr., als im mediterranen Raum das Hethiterreich zusammenbrach, Ramses III. in schwere Auseinandersetzungen mit den »Seevölkern« geriet und in Griechenland die mykenischen Paläste in Schutt und Asche fielen, fanden auch außerhalb der damaligen »zivilisierten« Welt umwälzende Veränderungen statt. Die bis dahin meist unbefestigten Siedlungen und jahrhundertealte Traditionen und Jenseitsvorstellungen wurden aufgegeben. Dafür entstanden als fast paneuropäisches Phänomen befestigte Siedlungen an strategisch günstigen Plätzen, vor allem auf Anhöhen oder an Seeufern. Die Verstorbenen wurden zusammen mit ihrem persönlichen Besitz verbrannt, die Asche in Urnen beigesetzt, Urnenfelder mit bis zu mehreren Tausend Gräbern angelegt. Die Sitte, große Mengen wertvollster Metallobjekte als Horte in der Erde oder im Wasser zu versenken, nahm nach einem kurzen Rückgang gegen Ende der mittleren Bronzezeit seit dem Beginn der jüngeren Bronzezeit an Intensität wieder zu. Zu diesen Horten zählt beispielsweise der 1913 geborgene Goldfund von Eberswalde nordöstlich von Berlin. Aber auch Hieb- und Schutzwaffen aller Art, Bronzegeschirr, Luren und goldenes Kultgerät — vermutlich zur Huldigung heute unbekannter Gottheiten — gelangten in die Erde.Religiöse und weltliche Macht sind in der jüngeren Bronzezeit in Europa besonders ausgeprägt. Nur so ist wohl der Bau von »Burgen« mit starken Befestigungsanlagen — z. B. Biskupin in Polen oder die »Wasserburg« von Buchau am Federsee (Baden-Württemberg) — als Kollektivleistung einer Menschengruppe unter zentraler Leitung verständlich. Tatsächlich sind im Umfeld solcher Anlagen oft kleinere unbefestigte Siedlungen oder Einzelhöfe nachgewiesen, die zusammen genommen eine Wirtschafts- und Sozialeinheit gebildet haben könnten. Als Beispiel eines jungbronzezeitlichen Fürstengrabes der Lausitzer Kultur in Ostdeutschland sei das Hügelgrab von Seddin im Landkreis Prignitz (Brandenburg) erwähnt. Bereits vor der Ausgrabung wurde es im Volksmund als »Königsgrab« bezeichnet. Im Zentrum des Hügels fand sich eine neuneckige Steinkammer, die im Inneren vermutlich mit roten und weißen Farben ausgemalt sowie in der Art eines falschen Gewölbes mit Steinplatten abgedeckt war. In einer Urne aus getriebenem Bronzeblech, die wiederum in einem Tongefäß stand, lag der Leichenbrand eines etwa 30- bis 40-jährigen Mannes; daneben befanden sich zwei weitere Urnen mit den Überresten von zwei 20 bis 30 Jahre alten Frauen. Das Grab war zusätzlich besonders reichhaltig mit Metallbeigaben (Waffen, Schmuck, Schalen und Kleinwerkzeug aus Bronze) ausgestattet. Die Anlage wurde ohne Zweifel für eine sozial herausragende Persönlichkeit angelegt, möglicherweise für einen Stammeshäuptling, der zwischen 1000 und 800 v. Chr. gelebt hat. Als besondere Kostbarkeit waren ihm zwei kleine Nadeln, die aus dem zu seiner Zeit noch weitgehend unbekannten Werkstoff Eisen hergestellt sind, mitgegeben worden.Die EisenzeitEisen bestimmt — wie bereits oben erwähnt — seit etwa 800 v. Chr. zunehmend das tägliche Leben der Menschen im nordalpinen Raum. Während der vorrömischen Eisenzeiten werden aber bronzezeitliche, vor allem urnenfelderzeitliche Traditionen wie die Leichenverbrennung zunächst fortgeführt. Eine kulturelle Kontinuität erscheint hier wahrscheinlicher als ein regelrechter Kulturbruch, wie er für den Übergang von der mittleren zur jüngeren Bronzezeit anzunehmen ist. Namengebende Fundplätze für die zeitliche Einordnung des archäologischen Fundmaterials in Mitteleuropa sind das Gräberfeld von Hallstatt (Oberösterreich) und ein Fundplatz bei La Tène am Neuenburger See (Westschweiz). Dabei ist die Hallstattzeit (Ha C und Ha D) in etwa zeitparallel mit der bronzezeitlichen Periode VI in Norddeutschland und Südskandinavien zu setzen, die eine Übergangsphase zur dort etwas später beginnenden Eisenzeit darstellt. In Ostdeutschland wurde die Lausitzer Kultur von der früheisenzeitlichen Billendorfer Kultur und von mehreren Regionalgruppen abgelöst. Erneut lassen sich Handelsverbindungen vom Alpenraum und dem Voralpengebiet nach Norden nachweisen. Eisen scheint Exportgut für Nordeuropa gewesen zu sein, was sicherlich mit den reichhaltigen Lagerstätten und mit der langen Tradition der Metallgewinnung und -verarbeitung in Mitteleuropa zusammenhängt. Insgesamt aber sind Metalle zu dieser Zeit im Norden selten, sodass eine wirtschaftliche Rezession und ein kultureller Niedergang nicht auszuschließen sind.Im Süden dagegen, das heißt im Alpenraum und im Voralpengebiet, blühen Wirtschaft und Kultur zu Beginn der Hallstattzeit (Ha C; 8. Jahrhundert v. Chr.) nach einer kurzen Unterbrechung am Ende der Urnenfelderzeit erneut auf. Neben Metallen wurde Salz in großen Mengen und bergmännisch gewonnen, aufbereitet und verhandelt. Es entstanden — wie in Hallstatt nachgewiesen — Bergbausiedlungen in direkter Nähe der Salzbergbaue. Die Gräber der »Salzherren« sind außerordentlich reich ausgestattet und zeugen von Reichtum und Macht, von politischem und wirtschaftlichem Geschick. Die Bergleute selbst, die in einem Abhängigkeitsverhältnis zu den Minenbesitzern gestanden haben müssen, hatten dagegen erbärmliche Arbeitsbedingungen unter Tage, was durch archäologische Funde in dem konservierenden Salzmilieu der Gruben belegt ist.Im 7. Jahrhundert v. Chr. entstanden dann auch in den süddeutschen Mittelgebirgsregionen neue Zentren politischer und wirtschaftlicher Macht. Man baute Burgen auf repräsentativen Höhenlagen und legte zu Füßen dieser Anlagen große Handwerkersiedlungen an. Politische und wirtschaftliche Beziehungen mit den griechischen Handelskolonien ermöglichten mediterrane Lebensart nördlich der Alpen. Auf der Heuneburg an der Donau wurde aus luftgetrockneten Lehmziegeln eine weiß getünchte, vier Meter hohe Burgmauer mit Bastionen errichtet, um dadurch weithin sichtbar Verbindungen zur zivilisierten Welt rund um das Mittelmeer, zur »oikumene« zu zeigen. Die Gräber der »Burgherren« und diejenigen ihrer Familien und Gefolgschaften wurden reichhaltig mit Beigaben ausgestattet und überhügelt. Der Hohmichele, nur drei Kilometer von der Heuneburg entfernt gelegen, gehört mit 13 m Höhe und 80 m Durchmesser zu den größten Grabhügeln in ganz Europa. Die zentrale Grabkammer war aber leider wie zahlreiche andere späthallstattzeitliche Grablegen bereits einige Jahre nach dem Hügelaufbau ausgeraubt worden.Einen Eindruck vom Reichtum dieser späthallstattzeitlichen »Fürsten« bietet das unberührt gebliebene und 1978/79 fachmännisch ausgegrabene Grab von Hochdorf bei Stuttgart. Hier war um 550 v. Chr. ein etwa 40-jähriger Mann bestattet worden, der zu Lebzeiten bereits durch Größe und Statur (1,87 m, sehr kräftiger Körperbau) seine Mitmenschen überragt haben muss. Seinem hohen gesellschaftlichen Rang entsprechend war sein Grab festlich geschmückt und mit allem ausgestattet worden, was man nach damaligem Denken für ein luxuriöses Leben im Jenseits brauchte. Dazu gehörten die persönlichen Rangabzeichen (unter anderem ein Halsreifen aus Gold und ein goldbeschlagener Dolch), eine reich verzierte Bronzeliege (Kline), Waffen, ein eisenbeschlagener Pferdewagen und persönliche Gegenstände (Angelhaken, Rasiermesser). Für ein großes Ess- und Trinkgelage im Jenseits waren ein Bronzekessel (ursprünglich mit über 300 l Honigbier gefüllt), neun Trinkhörner und neun Bronzeteller in der Grabkammer niederlegt. Der Tote war vermutlich, wie es Herodot um 450 v. Chr. für die skythischen Fürsten überliefert hat, vor seiner Bestattung eine Zeit lang aufgebahrt gewesen, vielleicht sogar konserviert und auf einem Pferdewagen zur Schau gestellt worden. Halbfabrikate und Werkstattreste neben dem Hügel zeigen, dass viele Beigaben eigens für die Bestattung hergestellt wurden. Wie Gebrauchsspuren an der reich verzierten Bronzeliege und am Bronzekessel zeigen, waren diese aus dem ostmediterranen Raum stammenden Gegenstände bereits vor der Bestattung in Gebrauch gewesen. Ebenfalls aus dem östlichen Mittelmeergebiet stammt ursprünglich der 1953 entdeckte Volutenkrater von Vix (bei Châtillon-sur-Seine in Burgund), der vermutlich als Geschenk in den Norden gelangt und um 530 v. Chr. einer Verstorbenen ins Grab gestellt worden war.Um 500 v. Chr. werden der nordalpine Raum und dessen Bewohner von griechischen Autoren erstmals erwähnt und treten damit in den Gesichtskreis der antiken Welt. Hekataios von Milet berichtet in seiner Erdbeschreibung von keltischen Siedlungen im Hinterland von Massalia, dem heutigen Marseille. Der »Vater der Geschichtsschreibung«, Herodot, schreibt um 450 v. Chr.: »Der Istros (gemeint ist die Donau) entspringt im Keltenlande bei der Stadt Pyrene und fließt durch Europa, indem er es teilt. Die Kelten aber wohnen außerhalb der Säulen des Herakles (gemeint ist Gibraltar); sie grenzen an die Kynesier an, die unter allen Bewohnern Europas im äußersten Westen wohnen.« Trotz dieser geographisch doch relativ ungenauen Angaben kann z. B. der »Fürst von Hochdorf« dem Stamme der Kelten zugeordnet werden. In den folgenden Jahrhunderten sollten die Kelten schließlich den gesamten Mittelmeerraum und Kleinasien in Bedrängnis bringen. Materielle Grundlage für ihre Kriegszüge waren Pferde sowie Waffen aus Eisen. Tatsächlich verstanden es die Kelten ab der La-Tène-Zeit, Eisen aufzukohlen, zu härten und zu hochwertigen Waffen aus Stahl zu schmieden, die den römischen Waffen zumindest ebenbürtig waren.Metallische Rohstoffe sind nur dort dem Menschen zugänglich, wo entsprechende Elemente in Form von natürlichen Lagerstätten vorhanden sind. Die hier interessierenden Elemente Kupfer, Zinn und Eisen sind mit nur sehr geringen und unterschiedlichen Anteilen am Aufbau der Erdkruste beteiligt. Erst wenn diese Anteile in dem für den Menschen zugänglichen Teil der Erdkruste durch natürliche Prozesse so weit erhöht sind, dass mit den zur Verfügung stehenden Techniken die Metallerze gewonnen und zu Metall verarbeitet werden können, spricht man von einer Lagerstätte. Lagerstätten sind also lediglich Anreicherungen von metallischen Elementen. Sie müssen zugänglich sein, sei es in Form von Seifen (abbauwürdige Anreicherungen von spezifisch schweren Mineralien in leicht verwitterndem Gestein), sei es in Form von Erzgängen, die an der Oberfläche ausbeißen und dann durch Tage- oder Tiefbau abgebaut werden können. Der Begriff der Lagerstätte beinhaltet immer auch den Aspekt der Wirtschaftlichkeit. Eine Lagerstätte mit metallischen Erzen ist nur dann abbauwürdig, wenn Aufwand und Nutzen in einem für den Menschen sinnvollen Verhältnis zueinander stehen. »Sinnvoll« kann in diesem Zusammenhang definiert sein durch einen durch Gold- oder Bronzeschmuck zu erreichenden Prestigezuwachs oder aber durch einen erhofften kommerziellen Gewinn. Die Wirtschaftlichkeit einer Lagerstätte ist von vielen Faktoren abhängig und kann sich ändern. So sind beispielsweise die Lagerstätten von Ai Bunar in Südbulgarien, die im 5. Jahrtausend v. Chr. abgebaut wurden, heute wegen ihrer Kleinräumigkeit wirtschaftlich kaum noch nutzbar. Andererseits sind heute Lagerstätten im Abbau, die während vorgeschichtlicher Zeiträume aufgrund der technischen Möglichkeiten nicht zu nutzen waren. Die heutige Grenze der Wirtschaftlichkeit einer Kupferlagerstätte liegt immerhin bei 0,4 % Kupfergehalt im Erz.AnreicherungsverfahrenDie Anstrengungen des Menschen, Metallerze an der Oberfläche zu sammeln oder in den Lagerstätten abzubauen, diese Erze dann mechanisch aufzubereiten und schließlich zu Rohmetallen zu verhütten, lassen sich unter dem Begriff der Anreicherung zusammenfassen. Lassen wir an dieser Stelle einmal die seltenen Vorkommen von gediegenem Kupfer außer Acht, so müssen Kupfer-, Zinn- und Eisenerze durch mechanische, physikalische und chemische Vorgänge lediglich so weit angereichert werden, bis das jeweilige Metall nahezu hundertprozentig rein vorliegt. Eine erste Anreicherung erfolgt direkt nach dem Abbau durch Zerkleinerung und Sortierung des Erzes. Der Gang durch Erzmühlen reichert das Erz zu einem kleinkörnigen Konzentrat an. Für einige Erze kann nun ein Röstvorgang auf einem normalen Holzkohlen- oder Holzfeuer von Vorteil sein. Das Konzentrat trocknet, eventuell vorhandener Schwefel entweicht und die Oberflächenstruktur der einzelnen Erzkörner wird vergrößert. Die eigentliche Verhüttung der oxidischen Erze besteht dann lediglich aus dem möglichst vollständigen Entzug des Sauerstoffs, wonach reines Metall zurückbleibt. Eventuelle Verunreinigungen können durch ein erneutes oxidierendes Schmelzen in eine Schlacke überführt werden.Für die urgeschichtlichen Zeiträume, in denen diese Arbeitsschritte vom Erz bis zum Metall durchgeführt wurden, ist allerdings Folgendes zu berücksichtigen: Als Brennstoff war lediglich Holz oder Holzkohle verfügbar; für die Arbeit an den Blasebälgen konnte nur die Muskelkraft von Mensch und Tier genutzt werden; für den Bau der Öfen, Tiegel und Düsen standen nur mineralische Rohstoffe (Felsgestein, Ton, Sand, Kies usw.) zur Verfügung; unter diesen Umständen waren höchstens Temperaturen im Bereich zwischen 1250 und 1350ºC zu erreichen.Wie wir bereits gesehen haben, zogen zunächst der grüne Malachit und das goldgelb glänzende gediegene Kupfer das Interesse auf sich. Malachitvorkommen und solche von gediegenem Kupfer sind jedoch selten. In unverwitterten Lagerstätten mit primären Kupfererzen ist mit beiden nicht zu rechnen, dagegen aber in Gangerzlagerstätten, die an der Oberfläche ausstreichen und somit der physikalischen und chemischen Verwitterung unterliegen. Hier versickern die Schwefelanteile als wasserlösliche Sulfate bis zum Grundwasserspiegel. An der Oberfläche und bis zum Grundwasserspiegel, in der »Oxidationszone«, bilden sich unter Einfluss von Wasser, Sauerstoff und Kohlensäure neue, sekundäre Kupfererze, u. a. der grüne Malachit und der leuchtend blaue Azurit. Gleichzeitig verwittern in diesem Bereich die Eisenanteile des Erzganges zu rostfarbenem oder schwarzem Eisenhydroxid. Diese oxidischen Eisenerze können das oberflächlich erkennbare Bild eines Kupfererzganges vollständig überlagern; man spricht nun von einem »Eisernen Hut«, der hauptsächlich Eisenoxide und dazu etwas Malachit und Azurit enthält. Unterhalb dieser Oxidationszone reichern sich dagegen Kupfer, Silber und Gold in großen Mengen an. Hier ist gediegenes Metall zu finden. Schreitet nun die Erosion des Erzganges voran, so wird der »Eiserne Hut« abgetragen und die hoch angereicherten Erzvorkommen, z. T. mit gediegenem, metallisch glänzendem Kupfer, Silber und Gold, liegen offen zutage. In der Tiefe finden sich dann allerdings nur unverwitterte, primäre Kupfererze mit relativ hohen Schwefel- und Eisenanteilen.Kupfer ist also in metallisch-gediegener Form überall dort an der Oberfläche leicht zu finden, wo die Erzgänge Kontakt mit dieser haben. Vorkommen dieser Art waren in der Vergangenheit durchaus verbreitet, sind heute aber weitgehend abgebaut. Neben den sehr großen Vorkommen im Gebiet der nordamerikanischen Seenplatte, von wo Kupferbrocken mit über 1t Gewicht bekannt sind, kennen wir heute kleinere Vorkommen mit gediegenem Kupfer beispielsweise von der Halbinsel Cornwall im südwestlichen England, aus dem Karpaten- und dem Uralgebiet, aus der Türkei und dem Irak. Gediegenes Kupfer kann durch Kaltverformung sofort zu Gerätschaften verarbeitet werden. Seine unangenehme Eigenschaft, als insgesamt sprödes Rohmaterial bei mechanischer Beanspruchung schnell zu reißen oder zu brechen, verliert sich teilweise, wenn das Kupfer in einem Tontiegel geschmolzen und in Formen gegossen wird. Erst mit der Durchführung dieses Prozesses trat der Mensch in das Entwicklungsstadium der pyrotechnischen Verarbeitung von metallischen Rohstoffen ein. Die zu Beginn dieser Abhandlung erwähnten Metallobjekte von Çayönü Tepesi sind nach neuen naturwissenschaftlichen Untersuchungen aus gediegenem Kupfer hergestellt worden, das während der Bearbeitung leicht erhitzt wurde, um ein Brechen des Materials zu verhindern. Erst ab 6000 v. Chr. ist nach heutigem Wissensstand (z. B. Kupferschlacken von Çatal Hüyük) mit Hochtemperaturprozessen bei der Metallbearbeitung zu rechnen.Hauptvertreter der oxidischen Kupfererze sind die bereits erwähnten Minerale Malachit und Azurit, die aufgrund ihrer auffälligen Färbung bereits früh die Aufmerksamkeit der Menschen auf sich gezogen haben müssen. Beide Minerale sind relativ leicht zu Kupfer zu verhütten, wobei dessen Schmelztemperatur von 1083ºC nicht erreicht werden muss. Notwendig sind lediglich Temperaturen bis 800ºC, die in jedem Lagerfeuer zu erreichen sind, sofern durch entsprechend dichte Packung ein »Reaktionsraum« entsteht, in dem das oxidische Erz zu einem Metall reduzierend geschmolzen werden kann. Zuverlässiger lässt sich aber ein Reaktionsraum durch einen kleinen Schachtofen, eine Schmelzgrube oder einen Tontiegel erzeugen. Reduzierende, d. h. Sauerstoff entziehende Bedingungen und Temperaturen um 800ºC bewirken, dass der Malachit zunächst zu einem schwarzen oder roten Kupferoxid und dann zu metallischem Kupfer verhüttet wird. Die Endprodukte dieser Verhüttung, Metall und Schlacke, können weiterverarbeitet werden, indem die Schlacke zerkleinert und nach Kupferresten durchsucht und das Kupfer durch erneutes Aufschmelzen und »Verbrennen« (Oxidieren) in Tiegeln raffiniert wird.Archäologische Nachweise, die eine Verhüttung von oxidischen Kupfererzen während der Kupfer- und der Frühbronzezeit belegen, liegen aus Israel und Jordanien vor. Westlich und östlich des Wadi al-Araba, einer nördlichen Verlängerung des ostafrikanischen Grabenbruches zwischen dem Golf von Akaba im Süden und dem Toten Meer im Norden, häufen sich sowohl frühe Kupferfunde (z. B. der Fund aus der Höhle von Nahal Mishmar) als auch Nachweise für den Abbau und die Verhüttung von oxidischen Kupfererzen. Den Forschungen in Timna (Israel) und im Fenan (Jordanien) folgend ist anzunehmen, dass die Erze in unmittelbarer Nähe der Bergwerke aufbereitet und später in Siedlungen verhüttet wurden. Die Kupfergewinnung war hier zu dieser Zeit bereits durchorganisiert und wurde vielleicht auch schon zentral gesteuert. In Timna konnte sogar nachgewiesen werden, dass bereits im 4. Jahrtausend v. Chr. arbeitsteilig Kupfer gewonnen wurde. Am Fuße eines kleinen Berges befand sich ein mauerumgebener Platz, an dem offensichtlich das Erz zerkleinert und sortiert wurde, die zugehörige Schmelzanlage — ein kleiner Schachtofen — wurde 50 m höher auf der Kuppe des Berges betrieben. Im Fenan sind für die Frühbronzezeit (3. Jahrtausend v. Chr.) regelrechte Verhüttungsanlagen nachgewiesen. Es handelt sich hierbei um kleine, etwa 40 cm im Halbrund messende Öfen, die zahlreich nebeneinander kurz unterhalb von Bergkuppen in den Hang eingebaut waren. Da Düsen fehlen, nimmt man an, dass der aufsteigende Hangwind für die Verhüttung in den Öfen ausgenutzt wurde. Aus den rund 1000t Schlacken von 15 Schmelzplätzen (jeweils mit mehreren Öfen) im Fenan lässt sich eine ungefähre Kupferproduktion von 100 bis 300t hochrechnen.Sulfidische Kupfererze, die in unverwitterten Kupferlagerstätten das hauptsächliche Erzmineral (z. B. Kupferkies) darstellen, sind weitaus schwieriger zu verhütten. Nötig ist hierzu ein mehrstufiges, d. h. fünf- bis sechsmal zu wiederholendes Verfahren, das mehrere Röst- und Schmelzvorgänge beinhaltet, bis schließlich ein Rohkupfer mit einem Kupfergehalt von 94 bis 96 % vorliegt. Laufen die Prozesse nicht optimal ab, wobei auch das Luft-Gas-Gemisch und die Temperaturen in den Öfen, die Qualität der Holzkohle, die Menge der Quarzzuschläge sowie die Dauer der einzelnen Arbeitsschritte wichtig sind, bildet sich beispielsweise kein Kupferstein und das Kupfer verschwindet in der eisenhaltigen Schlacke. Auch kann es zu einer zufälligen, nicht beabsichtigten Entstehung von metallischem Eisen kommen, da Kupferkies bis über 30 % Eisen enthält. Gegenüber der vergleichsweise einfachen Kupfergewinnung aus oxidischen Erzen stellt die Kupferkiesverarbeitung sehr hohe Ansprüche an das metallurgisch-technische Verständnis der frühen Metaller. Im Gegensatz zu heute konnten sie weder die Temperaturen in den Öfen noch die Zeitdauer der Arbeitsschritte exakt messen; überdies fehlten auch genaue Analysemethoden zur wichtigen Bestimmung des Kupfergehaltes im Kupferstein. Der gesamte Ablauf der Kupfergewinnung aus Kupferkies beruhte vielmehr auf tradiertem Wissen, eigenen Erfahrungen, praktischem Können und einer genauen Beobachtungsgabe. Der entscheidende Vorteil gegenüber der Verarbeitung von oxidischen Kupfererzen liegt jedoch in den fast unerschöpflichen Vorräten an Kupferkies in den unverwitterten Bereichen der Lagerstätten. Beherrschte man erst einmal die Schmelztechnik, konnte nur noch die Technik der Erzgewinnung, der Bergbau, hier Grenzen setzen. Waren schließlich auch die untertägigen Probleme (z. B. Luft, Grundwasser) gelöst, konnte durch Untertagebau der Nachschub an Kupferkies gesichert werden; auf diese Weise ließ sich in großen Mengen und mit industriellem Zuschnitt aus Kupferkies Kupfer erschmelzen.Man nimmt heute an, dass im Vorderen Orient sowie — phasenverschoben — auch auf dem Balkan und in Mitteleuropa während der Kupferzeit Vorkommen mit gediegenem Kupfer und oxidischen Kupfererzen die Grundlage der Metallurgie bildeten. Als diese Vorräte erschöpft waren, war man ab Beginn der Bronzezeit — in Mitteleuropa ab etwa 2000 v. Chr. — gezwungen, auch sulfidische Erze zu verwenden. Um diese Zeit begann in Mitteleuropa ein erstes metallisches Industriezeitalter.Das wohl weltweit bekannteste Revier, in dem während der Bronzezeit Kupferkies abgebaut und Kupfer hergestellt wurde, liegt südlich von Salzburg am Mitterberg bei Bischofshofen. Auf einer Länge von 10 km erstrecken sich hier zahlreiche Erzgänge, die zwischen 1700 und 1000 v. Chr. intensiv abgebaut wurden. Die weitläufigen Stollen- und Schachtsysteme der bronzezeitlichen Bergleute wurden erst vor hundert Jahren entdeckt und sofort als urgeschichtlich erkannt. Die Lage der Untertagebaue ist noch heute anhand trichterförmiger Vertiefungen an der Oberfläche erkennbar. Es handelt sich bei diesen »Pingen« um Spuren unterirdischer Sackungs- und Verdichtungsvorgänge, die auf die bronzezeitlichen Abbautechniken zurückzuführen sind. Ausgrabungen haben gezeigt, dass man Stollen und Schächte schräg in den Berg vortrieb, wobei Stein-, Geweih- und Metallwerkzeug, aber auch Feuer benutzt wurde. Nachgewiesen sind bis zu 300 m lange Abbaustrecken, wobei man bis 100 m tief unter Tage arbeiten musste. Bronzezeitliche Kupfergewinnung dieser Größenordnung muss straff organisiert und auf eine ausreichende Infrastruktur abgestützt gewesen sein. Im Umfeld der Abbaustellen konnten dann auch Werkstätten, kleine Handwerkersiedlungen und über fünfzig Plätze, an denen der Kupferkies geröstet und verhüttet wurde, lokalisiert werden. Ausgrabungen auf letztgenannten Plätzen zeigen stets dicht nebeneinander zwei kleine Schachtöfen, die in den Hang eingebaut waren. Direkt oberhalb war immer ein größeres, steinumfasstes Röstbett eingerichtet. Die archäologischen Befunde vom Mitterberg lassen sich mit dem mehrphasigen Aufbereitungs- und Verhüttungsprozess von Kupferkies zu Rohkupfer bis in alle Details hinein in Einklang bringen.Bronze und ZinnLegiert man Rohkupfer mit Zinn zu Bronze, sinkt der Schmelzpunkt bis unter 1000ºC und die Gusseigenschaften verbessern sich entscheidend. Zudem ist dieser neue Werkstoff sehr viel härter als Kupfer und kann durch Kaltschmieden noch verdichtet werden. Damit ist Bronze härter als kohlenstofffreies Schmiedeeisen, wie es bei der prähistorischen Eisengewinnung in Brennöfen anfällt. Die meisten prähistorischen Bronzen enthalten zwischen 8 und 12 % Zinn, ein Legierungsbereich, in dem ein gutes Verhältnis zwischen zunehmender Härte und abnehmender Elastizität des Werkstoffs Bronze erreicht ist. Zinnvorkommen sind in Europa recht begrenzt und meist nicht in der Nähe von Kupfervorkommen gelegen. Bekannt sind Lagerstätten und Zinnseifen in Cornwall, in der Bretagne, in den französischen Alpen, in Portugal, in der Toskana, auf Sizilien und auf Sardinien sowie im mitteldeutschen Erzgebirge. Seit 1992 wird in der Forschung zusätzlich ein Befund in Göltepe (Taurusgebirge in Anatolien) diskutiert, der eine bergmännische Zinngewinnung bereits im 3. Jahrtausend v. Chr. belegen könnte. Aus der Zeit um 2500 v. Chr. stammt auch das bisher älteste bekannte Zinnobjekt, ein aus zwei Zinnstreifen hergestellter Ring aus Thermi auf der griechischen Insel Lesbos. Insgesamt blieben aber Zinnobjekte auch während der europäischen Bronzezeit selten. Dies verwundert nicht, denn die Gewinnung von Zinn aus Zinnstein ist aufgrund von dessen hohem Schmelzpunkt von 1900ºC nicht einfach. Ein einfacheres Bronzeherstellungsverfahren ist es, der Kupferschmelze direkt Zinnstein zuzugeben, was auch die gängige prähistorische Methode gewesen sein wird.Für den Guss der Bronzeobjekte standen den frühen Metallern mehrere Techniken zur Verfügung, wobei das Spektrum vom Guss in vorgefertigten Formen über das künstlerisch anspruchsvolle Wachsausschmelzverfahren bis hin zu technisch sehr aufwendigen Verfahren, wie dem Überfang- und Kernguss, reichte. Oft waren auch Reparaturen nötig, die in einer dem Schweißen ähnlichen Technik durchgeführt wurden. Nach dem Guss waren in jedem Fall die Gussnähte zu entfernen, war die Oberfläche zu glätten und zu polieren, waren Gravuren und Punzarbeiten erforderlich, bis schließlich ein goldgelb glänzendes Endprodukt vorlag. Dieses konnte nun dem Käufer angeboten werden, der es eine Zeit lang für seine Zwecke nutzte und in den überwiegenden Fällen schließlich auch »verbrauchte«. So gelangten die meisten Bronzen letztendlich als Grabbeigaben oder in Horten unter die Erde, wenn sie nicht umgeschmolzen wurden. Letzteres war mit Objekten aus Bronze jederzeit möglich, nicht aber mit solchen aus Eisen.Nach allem, was man über die prähistorische Eisentechnologie in Europa und in Vorderasien derzeit weiß, konnte die Schmelztemperatur von Eisen von über 1535ºC in den damaligen kleinen Ofenanlagen nicht erreicht werden. Aus den vorrömischen Metallzeiten sind dementsprechend keine Guss- oder Roheisenfunde mit einem Kohlenstoffgehalt von 2 bis 5 % bekannt, alle Eisenfundstücke aus dieser Epoche sind durch Schmiedearbeit in die gewünschte Form gebracht worden.Die Technologie zur Herstellung von schmiedbarem Eisen unterscheidet sich in einem wesentlichen Punkt von den dargestellten Verfahren der Kupfergewinnung. Anstelle eines flüssigen Metalls entsteht bei der Verhüttung von Eisenerzen in Schachtöfen eine »Luppe«, die schlacken- und holzkohledurchsetzt ist und die zusätzlich metallisches Eisen enthält. Bei der Nachbearbeitung dieser mehrere Kilogramm schweren Luppe gilt es, diejenigen Teile auszusondern, die am meisten Eisen enthalten. Diese werden dann ausgehämmert, um die Schlacke zu entfernen, und zu einem Eisenbarren zusammengeschmiedet. Es entsteht ein Eisen, das sehr wenig Kohlenstoff enthält und das daher sehr weich ist. Dieses Weicheisen erreicht nicht einmal die Härte von verdichtend geschmiedetem, reinem Kupfer und weniger als die Hälfte der Härte von geschmiedeter achtprozentiger Zinnbronze. Weicheisen ist aber — im Holzkohlefeuer erhitzt — mittels Amboss und Hammer verformbar. Durch einige heute bekannte Schmiedetricks (z. B. langsames Abkühlen des Weicheisens in Ölbädern) lassen sich diese Werkstücke etwas härten.Die Technik der Herstellung von Stahl aus Rennofeneisen wurde erst im Verlauf der vorrömischen Eisenzeiten, vermutlich von den Kelten, entwickelt. Was aber die Menschen bereits ab etwa 800 v. Chr. in Mitteleuropa bewogen hat, Waffen, Handwerkszeug und Schmuck zunehmend auch aus Eisen herzustellen, das der Bronze anfänglich qualitativ sogar unterlegen war, bleibt weitgehend unklar. Diskutiert wird beispielsweise ein zunehmender Mangel an Kupfer und Zinn im Verlauf der Urnenfelderzeit. Tatsächlich wurde ja das Kupferrevier am Mitterberg um 1000 v. Chr. aufgegeben. Ferner ist zu beobachten, dass in einigen mitteleuropäischen Regionen urnenfelderzeitliche Brandgräber mit vergleichsweise nur sehr wenigen Metallbeigaben ausgestattet waren. Allerdings kann aus spärlichen Grabbeigaben nicht unbedingt auf einen Metallmangel geschlossen werden, da auch veränderte Jenseitsvorstellungen zu Änderungen im Grabritual führen. Nicht alles, was während der Urnenfelderzeit im täglichen Leben eine Rolle spielte, musste den Toten zwangsläufig als Beigabe in den Gräbern mitgegeben werden. In den urnenfelderzeitlichen Hortfunden ist jedenfalls sehr viel Bronze, meist in zerstückelter Form, niedergelegt worden. Wichtiger als ein möglicher Kupfer-Zinn-Mangel scheint die universelle Verfügbarkeit großer Mengen von Eisenerzen und ihre relativ leichte Gewinnbarkeit gewesen zu sein. Vor allem die oxidischen und carbonatischen Eisenerze waren überall vorhanden und standen für die Verarbeitung zu schmiedbarem Eisen zur Verfügung.Deshalb und weil es jedem Menschen offen stand, selbst zu versuchen, Eisen herzustellen, wird Eisen als das »demokratische Metall« bezeichnet. Es mag den Menschen der ausgehenden Bronze- und beginnenden Eisenzeit in Europa sehr entgegengekommen sein, durch die Kenntnis der Eisentechnologie allgemein vom Kupfernachschub und vielleicht auch vom Preisdiktat der »Kupfer-Zinn-Monopolisten« unabhängig zu werden. Damit wäre die Entwicklung vom Kupfer über die Bronze hin zum Eisen tatsächlich ein logischer Weg. Zum einen, weil es sich — wie gezeigt — um eine logisch aufgebaute technische Entwicklungsreihe handelt, zum anderen, weil es allgemein menschlichen Denkstrukturen entspricht, unabhängig wirtschaften und überschussorientiert produzieren zu können. Nicht umsonst werden die frühkeltischen Fürstensitze wie die Heuneburg und die reich ausgestatteten Fürstengräber wie das Grab von Hochdorf aus der Zeit zwischen 600 und 400 v. Chr. mit den wirtschaftlichen Möglichkeiten in Zusammenhang gebracht, die die umliegenden Eisenerzvorkommen in den Mittelgebirgen boten.Nutzung von MetallenSei es Gold, Kupfer, Bronze oder Eisen, Metalle haben die Welt verändert, haben den Menschen zweifellos in seinen materiellen und moralischen Wertvorstellungen entscheidend beeinflusst. Es muss für den jungsteinzeitlichen Menschen ein immenser Prestigegewinn gewesen sein, ein Objekt aus Gold oder Kupfer zu besitzen; Ähnliches mag gelten für Bronzen während der Kupferzeit und für Eisenobjekte in der Bronzezeit. Bereits Tutanchamun hatte, als er um 1325 v. Chr. kaum 19-jährig starb, mehrere kleinformatige Eisengegenstände und einen Dolch mit Eisenklinge für das Leben im Totenreich mitbekommen. Die besondere Wertschätzung für das neue, damals fast unbekannte Metall Eisen kommt hier durch die Lage der Gegenstände — in den Mumienbinden direkt am Körper des Pharaos — zum Ausdruck.Während Gold immer und bis in unsere Tage hinein Schatz- und Schmuckmetall geblieben ist, durch das allenfalls äußerlich soziale Unterschiede erkennbar werden können, avancierten Kupfer, Bronze und Eisen zusätzlich auch zu Gebrauchsmetallen. Dabei blieb die sozial differenzierende Funktion meist erhalten. Während der späten Hallstattzeit, als in Mitteleuropa bereits allerlei Kleingerät, Werkzeug und Waffen aus Eisen hergestellt wurden, war beispielsweise der bronze- oder goldverzierte Eisendolch und nicht das Schwert Waffe und gleichzeitig Rangabzeichen für sozial herausragende Persönlichkeiten. Dies belegen zahlreiche Grabfunde und zum Beispiel auch die steinerne Grabstele von Hirschlanden. Metalle bzw. Metallobjekte haben somit bereits bestehende oder in einer Entwicklungsphase befindliche Sozialstrukturen innerhalb einer Gesellschaft unterstützt und manifestiert.Als Wirtschaftsgüter haben Metalle zudem Veränderungen in der Sozialstruktur direkt hervorgerufen. Die Produktion von Metallen und die Vermarktung der Produkte bis nach Nordeuropa ist sicherlich auch bereits während der mitteleuropäischen Bronzezeit ein teures und riskantes Geschäft gewesen. Entsprechend hoch sind wohl auch die Gewinnspannen ausgefallen, wollte man nicht z. B. die bronzezeitliche Kupferindustrie am Mitterberg als ein damals allen zugängliches Allgemeingut verstehen. Es wird Unternehmer gegeben haben, die auf eigenes Risiko die Lagerstätten am Mitterberg ausbeuteten, das Kupfer verhandelten und daran verdienten. Die Frage, ob im bronzezeitlichen Mitteleuropa aber bereits ein Währungssystem existiert hat — Anhaltspunkte hierfür bieten beispielsweise Markierungen auf Bronzesicheln —, wird noch diskutiert. Geld in Form von Münzen hat es in Mitteleuropa mit Sicherheit erst während der La-Tène-Zeit gegeben. Mitgewirkt und verdient an der bronzezeitlichen Metallwirtschaft haben vermutlich auch Wanderhandwerker und Zwischenhändler. Die auffällige Häufung von frühbronzezeitlichen Horten mit kupfernen Spangen- und Ösenbarren entlang der Flüsse im nördlichen Alpenvorland lässt Handelswege von den alpinen Lagerstätten nach Norden erahnen. Während der Bronzezeit sind — so kann man annehmen — ganz neue Berufe entstanden, zum Beispiel Unternehmer, Spezialisten im Bergbau und bei der Metallschmelzarbeit, Berufshändler und Fachhandwerker, die ihren jeweiligen Status in der bestehenden Sozialordnung finden und definieren mussten. Gesellschaftssysteme gerieten in Bewegung, neue Formen menschlichen Zusammenlebens entstanden und gipfelten in den großen stadtähnlichen Siedlungen (Oppida) der Kelten.Fast alles, was an metallischen Gerätschaften und Waffen während der vorrömischen Metallzeiten in Europa in Gebrauch war, wäre auch aus organischen Materialien oder aus Gestein herstellbar gewesen. Dies zeigen beispielsweise Dolche, die zu Beginn der Bronzezeit im Norden Europas aus Flintknollen geschlagen wurden, wobei bronzene Vorbilder aus Mitteleuropa als Vorlage dienten. Gleichwohl revolutionierten metallzeitliche Innovationen nicht nur das friedliche Zusammenleben der Menschen, sondern vor allem auch die Waffentechnik. Pferdegezogene, einachsige Streitwagen sowie Schwerter aus Bronze oder Eisen, beides Waffentypen, die vor den Metallzeiten unbekannt waren, boten hier ganz neue Möglichkeiten. Empfundene oder tatsächliche waffentechnisch-militärische Überlegenheit hat sicherlich auch in der Bronze- und Eisenzeit Europas zu allem anderen als zu einem fortwährenden friedlichen Zusammenleben beigetragen. Menschliche Schädel, die während der Ausgrabung des keltischen Oppidums in Manching geborgen wurden, zeigen Hiebverletzungen, wie sie bei Zweikämpfen mit Schwertern entstehen. Die Schädel besiegter Feinde pflegten die Kelten in Mauernischen oder auf Holzpfählen zur Schau zu stellen oder als Trinkgefäße zu nutzen.Die Herstellung von Metallobjekten stellte bereits ab der Frühbronzezeit zumindest regional eine schwerwiegende Belastung für Mensch und Umwelt dar. In den damaligen Produktionszentren und im weiteren Umfeld, zum Beispiel am österreichischen Mitterberg, ist die Landschaft durch Rodung und nachfolgende Bodenerosion verändert worden, gab es Luft- und Gewässerverschmutzung, wurde der Boden mit Schwermetallen angereichert, war die Gesundheit der Arbeiter und ihrer Familien durch giftige Gase und Schwermetallanreicherungen in der Nahrungskette erheblich gefährdet. Die Gewinnung von Blei während der jüngeren Bronzezeit in Europa hatte sogar interkontinentale Auswirkungen. Untersuchungen an datierten Proben des Inlandeises auf Grönland zeigen, dass zwischen 800 v. Chr. und 1753 n. Chr. der natürliche Bleigehalt im Schnee um den Faktor 25 angestiegen ist. Bis in die 30er-Jahre des 20. Jahrhunderts stieg dieser Wert weiter bis zum Faktor 150 des natürlichen Bleigehaltes. Von den Veränderungen der Gesellschaftsstrukturen über neue Möglichkeiten der Kriegführung und neue Einsichten in physikalisch-chemische Zusammenhänge durch die Metamorphose vom Erz zum Metall bis hin zu den ökologischen Konsequenzen: Die Folgen der Metallnutzung waren und sind für den Menschen vielfältig im positiven wie im negativen Sinne.Dr. Ulrich ZimmermannGrundlegende Informationen finden Sie unter:Jungsteinzeit: Ackerbauern und ViehzüchterAchse, Rad und Wagen. Fünftausend Jahre Kultur und Technikgeschichte, herausgegeben von Wilhelm Treue. Mit Beiträgen von Wolfgang Decker u. a. Neuausgabe Göttingen 1986.Alter Bergbau in Deutschland, herausgegeben von Heiko Steuer und Ulrich Zimmermann. Stuttgart 1993.Beiträge zur Geschichte und Kultur der mitteleuropäischen Bronzezeit, herausgegeben von Bohuslav Chropovsk u. a. 2 Bände. Berlin 1990.Bronzezeit in Deutschland, herausgegeben von Albrecht Jockenhövelund Wolf Kubach. Stuttgart 1994.Brunn, Wilhelm Albert von: Mitteldeutsche Hortfunde der jüngeren Bronzezeit. 2 Teile. Berlin 1968.Handel, Tausch und Verkehr im bronze- und früheisenzeitlichen Südosteuropa, herausgegeben von Bernhard Hänsel. München u. a. 1995.Illustrierte Vor- und Frühgeschichte Europas, herausgegeben von Barry Cunliffe. Aus dem Englischen von Klaus Binder u. a. Frankfurt u. a. 1996.Der Keltenfürst von Hochdorf. Methoden und Ergebnisse der Landesarchäologie. Katalog zur Ausstellung, Stuttgart, Kunstgebäude, vom 14. August-13. Oktober 1985, bearbeitet vom Landesdenkmalamt Baden-Württemberg. Redaktion Dieter Planck u. a. Stuttgart 1985.Das keltische Jahrtausend. Landesausstellung des Freistaates Bayern, Prähistorische Staatssammlung, und der Stadt Rosenheim vom 19. Mai - 1. November 1993 im Lokschuppen Rosenheim, herausgegeben von Hermann Dannheimer und Rupert Gebhard. München 21993.Mitteleuropäische Bronzezeit. Beiträge zur Archäologie und Geschichte. VIII. Tagung der Fachgruppe Ur- und Frühgeschichte vom 24. bis 26. April 1975 in Dresden, im Auftrag der Historiker-Gesellschaft der DDR herausgegeben von Werner Coblenz u. a. Berlin 21981.Probst, Ernst: Deutschland in der Bronzezeit. Bauern, Bronzegießer und Burgherren zwischen Nordsee und Alpen.München 1996.Produktivkräfte und Produktionsverhältnisse in ur- und frühgeschichtlicher Zeit. Vom 14.-16. Dezember 1981 in Berlin, herausgegeben von Fritz Horst u. a. Berlin 1985.Silber, Erz und weisses Gold. Bergbau in Tirol. Schwaz, Franziskanerkloster und Silberbergwerk, 20. Mai bis 28. Oktober 1990, herausgegeben vom Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum. Innsbruck 1990.Spindler, Konrad: Die frühen Kelten. Stuttgart 21991.Stein, Frauke: Bronzezeitliche Hortfunde in Süddeutschland. Beiträge zur Interpretation einer Quellengattung. Bonn 1976.
Universal-Lexikon. 2012.